Beim Anflug in Delhi war der Himmel strahlend blau. Keine Wolke war zu sehen. Nur eine dünne, erdige Schicht zog sich wie ein Hochnebelfeld über die Skyline der Stadt. Es ist die Luftverschmutzung. Bis ich im Süden des Landes ankam, konnte ich die Sonne kein einziges Mal sehen. Willkommen in Indien!

Nach ein paar Tagen in Delhi ging es auf 19-stündiger Zugfahrt in die Wüstenstadt Jaisalmer. Von dort aus reitete ich besattelt auf dem Kamel in die Thar Wüste. Die Nacht verbrachte ich auf einem Feldbett mitten in der Wüste mit Blick nach Pakistan. Am nächsten Morgen gings zurück nach Jaisalmer und damit zur Patchwork-Hochburg des Landes. Einige Fair Trade Geschäfte bezahlen Frauen in Wüstendörfern einen Mindestlohn für ihre Werke, damit diese in ihrer kargen Umgebung überleben.

Wieder im Nachtzug ging es in die blaue Stadt Jodhpur. Bekannt ist diese Stadt vor allem für das gigantische Mehrangarh Fort mit über 300 Zimmern und ihre köstlichen Lassis. Es folgte das “Venedig von Indien”. Udaipur liegt an einem künstlichen See und wird umringt von Bergen. Der Ort ist berühmt für die vielen Filmdrehs (bspw. Octopussy) und teuren Hochzeiten (bspw. Liz Hurley). Nach einer der meistebesuchten Städte Indiens kam ich in der heiligen Stadt Pushkar an. Diese Stadt ist für die Hindus von grosser Bedeutung, da sich viele Geschichten mit Göttern hier abgespielt haben. Nach dieser Kleinstadt folgte die Zweitgrösste in Rajasthan. Jaipur wird wegen eines britischen Königs auch die pinke Stadt genannt. In den Strassen der Stadt lassen sich allerlei Gewürze, Snacks und Lebensmittel kaufen. Ausserdem ist sie bekannt für ihr grosses Bollywood Kino. Die Euphorie der Inder ist unglaublich ansteckend. Abhaneri im Gegenzug ist ein kleines, ländliches Dorf, bietet aber zwei historisch wichtige Bauten. Neben einem der ältesten hinduistischen Tempeln ist das Dorf vor allem für das grösste Stepwell Indiens bekannt. Auch Hollywood hat Chand Baori (wie das Stepwell heisst) für sich entdeckt und diente Batman als Gefängnis in “The Dark Knight Rises”.

Tagsdrauf folgte das, was viele als Highlight Indiens betrachten, das Taj Mahal in Agra. Agra ist eine ziemlich wüste Touristenstadt. Der erste Blick auf das in Wirklichkeit viel grösser wirkende Taj Mahal entschuldigt nicht nur für die Erscheinung der Stadt, sondern auch für die unzähligen Selfie-Anfragen von indischen Männern (über 100 innerhalb von 2 Stunden). Der letzte Stopp im Norden hiess Varanasi. Varanasi gilt als spirituelle Hauptstadt Indiens und viele Inder und Inderinnen machen sich an ihrem Lebensende auf den Weg in die heilige Stadt, um dort zu sterben. Denn Varanasi ist bekannt für ihre offenen Feuerbestattungen an Fusse des heiligen Ganges. Die Hindus betrachten das Wasser des Ganges als göttlich, beschützend und heilend. Jeder Hindu sollte gemäss Religion mindestens einmal in diesem Fluss gebadet haben. Schafft ein Familienmitglied den Weg nach Varanasi kurz vor dem Tod nicht, so möchten viele Familien ihre Angehörigen dennoch in dieser Stadt verbrennen lassen. Das Bestattungsfeuer brennt ununterbrochen und wird seit Jahrhunderten von der tiefsten Kaste Indiens betreut. Frauen (mit Ausnahmen von Touristen) sind bei der Bestattung nicht erlaubt. Es ist ein intimer Ort.

Rajasthan und Umgebung:

  • Delhi

  • Thar Desert

  • Jaisalmer

  • Jodhpur

  • Udaipur

  • Pushkar

  • Jaipur

  • Abhaneri

  • Agra

  • Varanasi

Nach dem Norden wollte ich eigentlich nach Kerala fliegen. Wegen der anhaltenden Überschwemmungen war aber der Flughafen nach wie vor gesperrt, weswegen mein Flug abgesagt wurde. Als Alternative entschied ich mich für Chennai an der Ostküste. Chennai hiess bis 1996 Madras und ist die Hauptstadt von Tamil Nadu. Im Süden angekommen, wurde auch das Essen schärfer und Thali das bevorzugte Mittagessen. Im kleinen Küstenort Mamallapuram befinden sich die wichtigsten archäologischen Fundorte Südindiens. Der Ort bietet eine Vielzahl als Steintempeln, die Teil des UNESCO Weltkulturerbes sind. Nach zwei Tagen folgte die ehemals französische Kolonie Puducherry. Auf dem Weg dorthin machte ich einen Abstecher in Auroville. Auroville ist eine geplante, internationale Stadt, die dem Sri Aurobindo Ashram angehört und deren Lehren vertritt. Wer die Netflix-Serie “Wild Wild Country” gesehen hat, kann sich ungefähr vorstellen, wie diese Stadt funktioniert und aufgebaut ist. Seit 1966 unterstützt die UNESCO dieses Projekt und war auch bei der 50 Jahr Feier im Februar präsent. In Puducherry ist der Einfluss dieses Ashrams sowie der von Frankreich gross. Die Stadt hat unzählige französische Cafés, Restaurants und vor allem ein ganzes Quartier im französischen Stil. In diesem Quartier ist auch das Ashram allgegenwärtig und kauft nach und nach mehr Häuser, die es für ihre Lehren benutzt.

Von der Küste ging es aufs Land. Chettinad ist eine verlassene Stadt der Handelskaste mit vielen leeren Mansions und wenigen Einwohnern. Dennoch treibt es viele Leute hierhin, denn der Ort ist berühmt für sein Essen. Das Chicken 65, eine Art wie man Poulet haltbar machen konnte, wurde hier geboren. Es gibt aber auch unzählige andere Chettinad Gerichte, die es auf die Speisekarten ganz Indiens geschafft haben. Nun gings wieder in die Stadt. Madurai ist die Stadt der unzähligen Tempel, was wohl an ihrer 2000 Jahre alten Geschichte liegt. Das Areal des Minakshi Tempels wurde über Jahrhunderte erweitert. Der Legende nach hat Göttin Shiva dort geheiratet. Ein Taxifahrer lud Freunde und mich zur Hochzeit seiner Cousine ein. Bei der Hochzeit angekommen, gings gleich auf die Bühne, um dem Paar zu gratulieren. Danach folgte das Essen im Speisesaal für 1200 Gäste. Das Thali war sensationell. Im drittletzten Nachtzug gings nach Mysore. Der Palast in Mysore bietet jeden Abend eine fünfminütige Lichtshow, für welche die Leute gespannt vor den Toren warten. Neben dem Palast kennt man Mysore vor allem auch wegen des Chamundeshwari-Tempel. Über eine Treppe mit 1000 Stufen führt der Weg von der Stadt zum Tempel, von welchem man eine hervorragende Sicht auf die Stadt bekommt.

Nun folgte das Highlight des Südens. Von Freunden habe ich gehört, dass Hampi der tollste Ort Indiens sei. Meine Erwartungen waren hoch, doch ich wurde nicht enttäuscht. Auch Hampi ist ein heiliger Ort und ist wegen seiner Tempel Teil des UNESCO Weltkulturerbes. Man könnte eine Woche damit verbringen, sich nur Tempel anzuschauen. Neben den Tempeln bietet Hampi aber vor allem Entspannung. Bei den meisten Restaurants und Cafés sitzt oder liegt man auf dem Boden und geniesst die indische und israelische Küche. Zudem ist Hampi landschaftlich wunderschön. Weite grüne Reisfelder durchbrechen steinige Granit Abbauorte, Seen, Flüsse und Berge aus runden Felsen. Diese eignen sich perfekt als Aussichtsplattform für den Sonnenuntergang. Nur ungern verliess ich Hampi in Richtung Goa. Goa, der touristische Hotspots und westlichste Ort Indiens bietet vor allem Strände und Partys. Da ich Goa aber in der Nebensaison besuchte, hielt sich die feiernde Meute glücklicherweise in Grenzen und so konnte ich mich für einige Tage entspannen, bevor es auf 47-stündiger Reise um den halben Globus nach Brasilien ging.

Süden:

  • Chennai

  • Mamallapuram

  • Puducherry

  • Chettinad

  • Madurai

  • Mysore

  • Hampi

  • Goa